Erschienen am 14.5.2019 im Bremerhavener Laufpass
Osten-Altendorf. In der östlichsten Gemeinde im Landkreis Cuxhaven liegt das kleine Örtchen Osten an den Ufern der Oste. Einer der drei Orte der Gemeinde ist Altendorf. Hier hat eine ganz besondere private Tierschutzeinrichtung ihre Heimat gefunden. Sie heißt „Haus der Pfoten“, müsste aber eigentlich Haus der Pfoten, Hufe und Schwielensohlen heißen. Denn die Tierschützerin und Hundepsychologin Tanja Beckedorf kümmert sich nicht nur um Hunde.
Sie müssen nie wieder an die Kette
Jenseits einer großen eingezäunten Wiese sieht man sie schon von weitem. Ihre hoch aufragenden Ohren und die unverwechselbare Silhouette offenbaren dem Spaziergänger eine Gruppe Esel – die Huftiere, die zusammen mit den anderen Hoftieren, den Lamas (sie wandeln auf Schwielensohlen), Ziegen, Schweinen, Schafen und Enten harmonisch in einer bunt gemischten Tiergruppe leben. Es sind Tiere, die aus schlechter Haltung stammen und ihren Weg zur rettenden Bleibe bei Tanja Beckedorf gefunden haben. Keiner dieser Tiere muss jemals wieder an einer Kette, alleine oder eingesperrt in einem Stall sein Dasein fristen.
Maus und Schwein erholen sich hier
Auch andere Tierarten haben in Osten ein sicheres Zuhause gefunden. Von der Maus bis zum Schwein leben unterschiedlichste Arten auf dem Gnadenhof. Hier erholen sie sich von bisweilen unerträglichen Qualen, denen sie zuvor ausgesetzt waren. Denn noch immer halten sich zu viele Menschen Tiere aus falschen Motiven, ohne die erforderliche Sachkunde und vor allem ohne dafür das Herz am richtigen Fleck zu tragen.
Wo Hunde wieder Hund sein dürfen
Das gilt auch für die zahlreichen Hunde, die Tanja Beckedorf versorgt. Sie wurden abgegeben oder Tierhaltern mit viel Mühe abgerungen, die mit der Haltung überfordert waren oder dem Tier nicht gerecht wurden. Vielen ist dabei gar nicht bewusst, dass sie eine schlechte Haltung betreiben, die an den Bedürfnissen des Tieres vorbei geht. Bei Tanja Beckedorf finden sie die Ruhe und alle Voraussetzungen, um sich von ihrer Vergangenheit zu erholen. Andererseits werden sie aber auch Teil einer Hundegruppe, in der sie ihre angeborenen sozialen Verhaltensweisen wiederentdecken können.
Von der Bürokauffrau zur Verhaltensberaterin
Die gelernte Bürokrauffrau erkannte schon früh, dass es ihr größter Wunsch ist, mit Tieren, vor allem mit Hunden, zu Leben und zu Arbeiten. „Doch je mehr ich mich mit meiner Herzensangelegenheit Hund auseinandersetzte, umso mehr musste ich feststellen, dass sich etwas verändern muss. Somit krempelte ich mein eher normales Leben in ein Leben für die Tiere um.“ Das tat und tut sie mit Leib und Seele. Mit ihrer Ausbildung zur Hundepsychologin vervollständigte sie die Kenntnisse über das Wesen der Hunde und entwickelte sich schnell zu einer besonders erfahrenen Verhaltensberaterin. Bereits im Jahr 2007 legte sie die Prüfung beim Veterinäramt ab. Ihre Arbeit ist in den Bereichen Verhaltenstraining und Tiervermittlung anerkannt und genießt weit über den Landkreis hinaus einen guten Ruf.
Hunde brauen einen souveränen Halter
Als Trainerin befasst sie sich mit unterschiedlichsten Problemfällen. Von der Krisenhilfe bis hin zu gezieltem Training bei bestimmten Verhaltensauffälligkeiten reicht das Spektrum. Im Idealfall absolvieren Halter und Hunde schon am Anfang des gemeinsamen Lebensweges ein paar Stunden in Altendorf, damit die Menschen lernen können, wie der Hund die Welt wahrnimmt und wie er kommuniziert. Denn, das lernt man schnell bei Tanja Beckedorf: Das Tier sucht Orientierung und braucht einen souveränen Halter, damit es selbst ruhig und souverän werden kann. „Es gibt eine artübergreifende Kommunikation, die die meisten Menschen nicht wahrnehmen."
Menschen lernen, Führung zu übernehmen
„Natürlich helfe ich auch in scheinbar aussichtslosen Situationen weiter, zeige Alternativen auf, mit denen es sich leichter leben lässt. Es gibt fast immer einen Weg für Mensch und Hund, ein gutes Miteinander zu entwickeln.“ Dazu gehört auch, dass die Menschen dazulernen und ihr Verhalten neu bewerten. Anders als Hundesport, der für manche Tiere eine gute Auslastung sein kann oder die Vermittlung der Grundkommandos, die im Alltag nützlich sind, setzt echtes Verhaltenstraining an ganz anderen Stellen an. Die Menschen lernen mit der eigenen Haltung, mit einfachen Gesten und Bewegungen, ihre Rolle als Führungspersönlichkeit einzunehmen.
Tier lernen wieder, zu vertrauen
Das funktioniert in der Regel instinktiv und in jedem Fall ohne jede Aggression oder gar Gewalt gegenüber dem Tier. „Einerseits müssen wir Menschen lernen, das Tier zu lesen. Andererseits müssen wir wissen, was das Tier in uns sieht und welche Rolle wir ihm anbieten. Wenn wir uns richtig verhalten, kann das Tier an unserem Verhalten erkennen, dass wir die Führung haben und über den Raum und die Aktivitäten bestimmen. Das ist für das Tier eine wunderbare Erfahrung, weil es sich dann ganz vertrauensvoll unserer Führung anvertraut.“
Training wird in der Gruppe und einzeln angeboten
Der Weg dahin ist eine interessante Reise voller neuer Aufgaben – vor allem, weil viele Menschen verlernt haben, mit Tieren zu kommunizieren. Dass diese tiergerechte Art der Kommunikation aber funktioniert, zeigen hunderte Erfolgsgeschichten und gute MenschTierBeziehungen. Tanja Beckedorf arbeitet sowohl in Kleingruppen als auch mit Einzeltrainings. „Für uns gibt es keine Probleme, es gibt nur Lösungen. Die Sozialisierung des Hundes, die Achtsamkeit der eigenen Ausstrahlung, sowie das Erarbeiten von Selbstsicherheit stehen dabei im Fokus unserer Arbeit – sowohl in der Gruppe als auch im Einzeltraining.“
Vermittlung von Hunden mit Schutzvertrag
Teil der Tierschutzarbeit von Tanja Beckedorf ist auch die Vermittlung von Hunden in ein neues Zuhause. Ihre Vermittlungshunde sind sterilisiert, beziehungsweise kastriert, geimpft und gechipt. Sie werden nach einem Vorbesuch bei den Interessenten mit einem Schutzvertrag und gegen eine Schutzgebühr vermittelt.
Wer bekommt welchen Hund?
Was wird bei der Vorprüfung gemacht? „Wir legen Wert darauf, dass die Vermittlung Bestand hat, achten daher genau darauf, ob die Charaktereigenschaften des Hundes zu den Lebensumständen unserer jeweiligen Interessenten passen. Durch diese Vorgehensweise konnten wir bereits diversen Hundesuchenden den passenden Hund an ihre Seite geben und so möglichen Rückgaben vorbeugen. Hinzu kommt, dass die Wohnsituation und die rechtliche Situation – insbesondere bei Mietverträgen – eine artgerechte Tierhaltung ermöglichen müssen.“ Und wenn es keinen geeigneten Hund für den Interessenten gibt? „Wenn wir vor Ort keinen geeigneten Hund haben, können wir Interessenten ebenfalls an seriöse Tierschützer weitervermitteln, mit denen wir seit Jahren zusammenarbeiten.“
Mutter Heidi Hinz kümmert sich um Hundebetreuung
Aus den vielen Kontakten zu Hundehaltern hat sich auch das Aufgabenfeld der Hundebetreuung ergeben. Dieser Aufgabe hat sich Tanjas Mutter Heidi Hinz verschrieben. Die Haltung in ausgesuchten Hundegruppen ohne Zwingerhaltung und die ganztägige Betreuung sorgen nicht nur für eine gute Unterbringung der Tiere, sondern bieten ihnen darüber hinaus ursprüngliche Erfahrungen mit dem Leben in einer Hundegruppe. Das ist für die soziale Entwicklung des Tieres sehr wichtig vorausgesetzt, der Mensch hat bei der Zusammenführung ein waches Auge in der Hundekommunikation. Denn eine plump zusammen gewürfelte Gruppe, kann auch Gegenteiliges erzeugen.
Tanja Beckedorf finanziert alles privat
Das ehrenamtliche Engagement von Tanja Beckedorf mit ihrem Gnadenhof, der Tierrettung und dem Tierschutz über Ländergrenzen hinaus, für den sie sich seit vielen Jahren einsetzt, finanziert sie im Übrigen privat. Daher freut sie sich über tatkräftige Unterstützung für die Haltung und Pflege der vielen Tiere. „In erster Linie bedeutet das die tägliche Reinigung der Freiflächen und Ställe, sowie die Verpflegung der vielen Schützlinge.“ Damit wieder Platz für neue Tiere entstehen kann, müssen nun wieder einige über die Vermittlung in ein neues Zuhause finden. Lebt Tanja Beckedorf in Osten ihren Traum? „Traum klingt nach romantischer Erfüllung. Das trifft es nicht. Ich tue, was ich für richtig und für wichtig halte. Nichts zu tun, obwohl ich weiß, dass ich etwas tun kann, wäre falsch.“
Freundliche Zeitgenossen suchen neues Zuhause
Die Hunde aus dem Haus der Pfoten sind ganz besondere Tiere. Nicht nur ihre Geschichte macht sie zu unverwechselbaren Charakterwesen. Auch ihre Sozialisation in der großen Hundegruppe. Unter der Leitung der erfahrenen Hundepsychologin Tanja Beckedorf haben sie sich zu aufmerksamen und freundlichen Zeitgenossen entwickelt. Sie suchen nun souveräne Menschen, die ihnen ein gutes Zuhause bieten können.
"Ich tue, was ich für richtig und für wichtig halte.
Nichts zu tun, obwohl ich weiß, dass ich etwas tun kann, wäre falsch.“
Kontakt:
Verhaltensberatung: 04776/88 89 75 3
Tiervermittlung: 04777/22 33 20 4