Pferd steht bei Hitze und Sonnenschein auf einem kargen Feld.
Ganz so karg ist es hierzulande zwar nicht. Doch ohne Schatten kann die Hitze auch in Norddeutschland für manche Tiere zur Gefahr werden.

Wann Hitze Tieren schadet

Weide ohne Schatten: Veterinärin erläutert, ob Gefahr besteht

Erschienen am 12.08.2018 im Sonntagsjournal der Nordsee-Zeitung

Von Susanne van Veenendaal

Kreis Cuxhaven. Gnadenlos brennt die Sonne vom Himmel. Nur im Schatten lässt es sich aushalten. Was ist eigentlich mit den Tieren auf der Weide? Nicht selten sind Kühe, Pferde, Schafe und Co. im Freien zu sehen, die der Hitze ohne Witterungsschutz ausgesetzt sind.

 

Veterinärin: Es kommt auch auf das Alter des Tieres an

 

Dr. Isabell Tolmien, Leiterin des Veterinäramts im Cuxland, erklärt, wann Sorgen angebracht sind. Eines schickt sie gleich vorweg: „Entscheidend ist der Gesundheitszustand des Tieres.“ Das sei wie beim Menschen auch. „Ist man jung und gesund, kann einem die Hitze weniger anhaben. Doch bei Älteren, die zudem Vorerkrankungen haben, kann es zu lebensbedrohlichen Situationen kommen“, erläutert sie. Dies verdeutlicht sie an zwei Beispielen. „Stellen wir uns vor, ich bekomme einen Anruf. Zwei Pferde stehen bei Gluthitze und ohne Schatten auf der Weide“, beschreibt sie einen fiktiven Fall. Bei der Kontrolle vor Ort wirkten die recht jungen Tiere allerdings wohlauf. „Sie grasen, zeigen kein Anzeichen von Überhitzung, sehen entspannt aus“, skizziert Tolmien. Bei so einem Sachverhalt sei es ausreichend, den Besitzer anzusprechen, und ihm zu empfehlen, für Schatten zu sorgen.

 

Alte Ponys brauchen Hilfe

 

Anders sehe es bei folgender Konstellation aus: Ein Bürger meldet sich, weil er sich um zwei Ponys sorgt, die ebenfalls ohne Hitzeschutz im Freien gehalten werden. Vor Ort sehen die Veterinäre, dass die Tiere alt und krank sind. „Vielleicht haben die Ponys zudem das Cushing Syndrom, bei dem das Winterfell teilweise nicht abgeworfen wird. Wenn wir die Tiere dann auch noch auf der Seite liegend vorfinden, muss gehandelt werden“, stellt sie klar. In diesem Fall könne sofort mündlich angeordnet werden, dass entweder unverzüglich ein Witterungsschutz – also Schatten – herzustellen ist, oder die Ponys auf eine andere Weide gebracht werden müssen. „In so einer Situation können wir uns als Behörde auf das Tierschutzgesetz berufen. Schließlich leiden die Tiere“, erläutert sie.

 

Ist es eine Kuh oder ein Rind?

 

Auch bei Kühen müsse differenziert werden. Handelt es sich überhaupt um Kühe, oder sind es beispielsweise Rinder? Für Laien sei dies oft nicht zu erkennen, für die Bewertung der Sachlage sei es aber wichtig, meint Tolmien. „Kühe, die Milch produzieren, sind Hitze-labiler“, meint sie. In der Regel werden sie ohnehin in Boxenlaufställen gehalten – dort können die Tiere wählen, ob sie drinnen bleiben oder hinaus gehen.

 

Keine Rechtsgrundlage für Schatten 

 

Diese Fallkonstruktionen sollen verdeutlichen, dass die Veterinäre jeden Einzelfall für sich bewerten müssen. „Es gibt keine Rechtsgrundlage, die per se Schatten für Weidetiere vorschreibt“, sagt Isabell Tolmien. Natürlich gelte das Tierschutzgesetz. Dieses verbiete es zwar, Tieren ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen. Ob dies in einer bestimmten Situation zutrifft, müsse eben immer von Fall zu Fall geprüft werden.

 

Gesetze bleiben allgemein

 

Abgesehen von diesem Gesetz gebe es lediglich Verordnungen, Leitlinien und Empfehlungen für verschieden Tierarten. Manches gilt auf Bundesebene, manches auf Länderebene. Doch das seien eben keine Gesetze, und vieles sei recht allgemein gehalten. „Ich würde mir wünschen, dass es nicht nur Leitlinien, sondern verbindliche Rechtsgrundlagen geben würde“, räumt Tolmien ein. Ihre Arbeit würde dies auf jeden Fall vereinfachen.

 

Halter sind meist einsichtig

 

Aber auch so seien die meisten Tierhalter einsichtig. „In der Regel reicht eine kurze Rücksprache mit dem Besitzer“, berichtet Tolmien. „Ich glaube an das Gute. Die Leute wollen ihren Tieren nicht absichtlich schaden.“ Dennoch: Manchmal müsse das Veterinäramt aber doch eingreifen. Und Bürger, die das Gefühl haben, dass sie etwas Tierschutzwidriges sehen, sollen sich auf jeden Fall beim Kreis melden. Zum Beispiel wenn man sehe, dass Tiere kein Wasser haben – denn das sei etwas, womit nicht zu scherzen sei. „Wir gehen definitiv jeder Meldung nach“, sagt sie. Nur könne man dem Hinweisgeber darüber keine Rückmeldung geben – was manche Bürger leider als Untätigkeit der Behörde interpretierten.

 

»Ich würde mir wünschen, dass es nicht nur Leitlinien, sondern verbindliche Rechtsgrundlagen geben würde.«

 

Dr. Isabell Tolmien, Leiterin des Kreis-Veterinäramts

Mobile Weidehütten: Die Lösung für schnellen Schatten

Kreis Cuxhaven. Um Weidetiere vor der prallen Sonne zu schützen, reichten oftmals schon einfache Lösungen, meint Dr. Isabell Tolmien, Leiterin des Veterinäramts im Cuxland. „Es gibt beispielsweise mobile Weidehütten und Weidezelte“, berichtet sie. Die Unterstände bieten nicht nur Schutz vor Sonne, sondern auch vor Wind, Regen und quälenden Insekten. Die Seitenverkleidung mit Netzen könne Bremsen, Fliegen, Mücken und starken Wind abhalten. Gleichzeitig lasse sie aber einen Luftaustausch zu, sodass keine Stauwärme entsteht. Bei Schafen reichten noch einfachere Maßnahmen: So könnten alte Anhänger als Sonnenschutz genutzt werden, sagt Tolmien. 

 

 

Kontakt: Veterinäramt Landkreis Cuxhaven, Tel. 04721/662131 und Tel. 04721/662132, E-Mail: veterinaeramt@landkreis-cuxhaven.de